Geschichtliches über Liggeringen

Der Fund von fünf merowingischen Gräbern bei Hof Röhrnang im Herbst 1939 belegt, dass das Dorf Liggeringen und seine Ausbausiedlung Röhrnang alemannische Gründungen des 6./7. Jahrhunderts sind. Der Ortsname Liutegarninga, erstmals in einer unverfälschten Kaiserurkunde vom 28. November 946 erwähnt, lassen als Gründer einen Alemannen namens Liutger vermuten.

 

Entwicklung des Ortes

Die Ansiedlung wuchs in den nächsten Jahrhunderten langsam aus einem Kehlhofverband heraus, dessen Lage wohl im heutigen Oberdorf zu suchen ist. Der Mittelpunkt der Siedlung verschob sich nach Anlage eines Herrensitzes in Richtung Außerdorf. Wahrscheinlich aus der Kapelle jener Burg entwickelte sich die 1718 barockisierte und 1905 erweiterte Kirche St. Georg, die heutige Pfarrkirche. Die zweite Kirche des Orts, Sankt Verena im Oberdorf gelegen, ist zwar zu Beginn des 18. Jahrhunderts in schriftlichen Quellen noch nachgewiesen, dann aber abgegangen. Liggeringen gehörte im frühen Mittelalter zum Fiskus Bodman und gelangte von dort als Schenkung an das neugegründete Kloster Reichenau. Ministerialen verwalten den Ort, so auch die Herren bzw. die Maier von Liggeringen. Die Vogteirechte gingen wohl gegen Ende des 13. Jahrhunderts an die Herren von Bodman über, die auch die niedere Gerichtsbarkeit seit dem 14. Jahrhundert inne hatten. Die Hochgerichtsbarkeit lag im Spätmittelalter bei der Landgrafschaft Nellenburg, somit bei Österreich. Hingegen hatte das Konstanzer Spital in Liggeringen bereits 1388 den Zehnten erworben und blieb bis zu dessen Aufhebung in der Mitte des 19. Jahrhunderts im Besitz dieser Einkünfte.

 

Reichsritterschaftlicher Ort

Als reichsritterschaftlicher Ort, der seit 1786 im Besitz der Freiherrn von und zu Bodman war, fiel Liggeringen 1806 an das Großherzogtum Baden und wurde dem damaligen Oberamt und heutigen Landkreis Konstanz zugeteilt. Das Dorf zählte in den nächsten 100 Jahren zwischen 400 und 500 Einwohnern, allesamt Katholiken. Die meisten Bauern waren in der Regel Pächter ihrer Güter und infolge der finanziellen Ablösung der Grundherrschaft hoch verschuldet. Die Landwirtschaft dominierte noch lange den Ort – weit bis nach dem Zweiten Weltkrieg. Der Waldbesitz war umfangreich. Die Gemeinde verfügte noch 1957 über rund 50 Hektar Allmende, also gemeinsamer Grundbesitz zum Nutzen aller Bürger. Die dörfliche Infrastruktur entwickelte sich erst seit dem frühen 20. Jahrhundert, so die Wasser- und Stromversorgung. Auch Schule, Rathaus und Kirche wurden in jenen Jahren neu gebaut.

 

Weltkriege

Der Erste Weltkrieg hinterließ mit 22 Toten schmerzliche Lücken, genauso wie der Zweite Weltkrieg mit insgesamt 37 Gefallenen. Im Juni 1943 wurde das Dorf ungeplant Ziel eines britischen Nachtangriffs, der dem Rüstungszentrum Friedrichshafen gegolten hat. Er forderte acht Tote. Im April 1945 besetzten französische Truppen den Ort, ohne dass es zu Kampfhandlungen gekommen wäre. Seit den 1960er Jahren wandelte sich Liggeringen zu einer bevorzugten Wohngemeinde mit Auspendlern, das landwirtschaftliche Gepräge verschwand, durch Ausweisung neuer Baugebiete wuchs das Dorf beständig. Im Rahmen der Verwaltungsreform ist die selbständige Gemeinde im Januar 1974 in die Stadt Radolfzell eingegliedert worden.

Jürgen Klöckler

 

Literatur

  • Der Landkreis Konstanz. Amtliche Kreisbeschreibung. Band IV. Sigmaringen 1984, S. 55-61

  • Peter Hirscher: Dorf – Vogtei – Gemeinde Liggeringen (Hegau-Bibliothek, 47) Stockach 1987
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