Grundsteuerreform

Ab dem Jahr 2025 tritt im Zuge der Grundsteuerreform eine Neuregelung der Grundsteuererhebung in Kraft.

Die wichtigsten Informationen zur Grundsteuerreform sind nachfolgend zusammengestellt:

Was sind die Gründe für die Grundsteuerreform?

Die Grundsteuerreform ist notwendig geworden, nachdem das Bundesverfassungsgericht mit Urteil vom 10.04.2018 die Verwendung der Einheitswerte von 1964 als Basis für die Berechnung der Grundsteuer für verfassungswidrig erklärt hatte. Der Gesetzgeber wurde verpflichtet, die Grundsteuer neu zu regeln. In einer Übergangszeit bis 2024 darf das bisherige Recht noch angewendet werden. Ab 2025 muss die Grundsteuer auf Grundlage neu ermittelter Werte erhoben werden. Hierzu hat das Land Baden-Württemberg im November 2020 ein Landesgrundsteuergesetz verabschiedet, das die neue Grundlage für die Grundsteuererhebung ab 2025 darstellt.

Was gilt ab 2025 in Baden-Württemberg?

Das Land Baden-Württemberg hat mit dem Beschluss des Landesgrundsteuergesetzes am 4.11.2020 über die hier anzuwenden Modelle entschieden. Während für die Grundsteuer A das Bundesmodell angewendet werden soll, handelt es sich bei der baden-württembergischen Grundsteuer B um eine Bodenwertsteuer.

Welche Regelungen gelten ab 2025 für die Grundsteuer A?

Die Bewertung der Betriebe der Land- und Forstwirtschaft (Grundsteuer A) erfolgt im Wesentlichen ähnlich wie dem im Bundesgesetz niedergelegten Ertragswertverfahren: Die land– und forstwirtschaftlichen Flächen werden dabei mit dem vom Gesetzgeber vorgegebenen typisierten Reinertragswerten bewertet. Der Grundsteuerwert des Betriebes wird mit der Steuermesszahl 0,55 Promille vervielfacht und ergibt den Grundsteuermessbetrag.

Welche Regelungen gelten ab 2025 für die Grundsteuer B?

Der Landesgesetzgeber in Baden-Württemberg hat von der sogenannten Länderöffnungsklausel Gebrauch gemacht und für Baden-Württemberg mit dem sog. modifizierten Bodenrichtwertmodell einen eigenen Weg bei der Grundsteuer B gewählt.

Bei diesem Modell wird die Grundstücksfläche mit dem vom örtlichen Gutachterausschuss auf den 01.01.2022 festgestellten Bodenrichtwert multipliziert. Die Gebäudewerte auf den entsprechenden Grundstücken sind dagegen nicht relevant. In Baden-Württemberg bleibt somit die Bebauung eines Grundstücks und damit ein etwaiger Gebäudewert auf der Ebene der Bewertung damit unberücksichtigt.

Wie ist das Verfahren bei der Grundsteuer B und welche Behörde ist für was zuständig?

Der Grundsteuerbetrag ergibt sich – wie bisher – aus einem dreistufigen Verfahren:

1. Bewertungsverfahren - Zuständigkeit: Finanzamt

In einem ersten Schritt wird im sog. Bewertungsverfahren der Grundsteuerwert ermittelt. Hierfür wird die Grundstücksfläche mit dem vom örtlichen Gutachterausschuss auf den 01.01.2022 festgestellten Bodenrichtwert multipliziert. 

Berechnung: Grundstücksfläche x Bodenrichtwert = Grundsteuerwert

 

 2. Messbetragsverfahren - Zuständigkeit: Finanzamt

Der Grundsteuerwert bildet sodann die bindende Basis für den zweiten Schritt. Bei diesem wird der sogenannte Grundsteuermessbetrag ermittelt.

Der Grundsteuermessbetrag wird hierfür mit der sogenannten Grundsteuermesszahl multipliziert. Die Grundsteuermesszahl beträgt grundsätzlich 1,3 Promille. Es gibt jedoch auch Ermäßigungen. So ist die Grundsteuermesszahl bei überwiegend zu Wohnzwecken genutzten Grundstücken um 30 Prozent auf 0,91 Promille ermäßigt.

Berechnung: Grundsteuerwert x Grundsteuermesszahl = Grundsteuermessbetrag

 

3. Festsetzung und Erhebung der Grundsteuer - Zuständigkeit: Stadt

Erst in einem dritten und letzten Schritt ist die Gemeinde bzw. die Stadt für das Verfahren zuständig. Bei diesem letzten Schritt wird der Grundsteuerbetrag ermittelt. Hierfür wird der Grundsteuermessbetrag mit dem von der Stadt beschlossenen Hebesatz multipliziert.

Die Stadt ist hierbei an die Grundsteuermessbeträge des Finanzamtes zwingend gebunden und kann keine anderen Messbeträge festsetzen.

Berechnung: Grundsteuermessbetrag x Hebesatz = Grundsteuerbetrag

Err3
Grafik: Städtetag Baden-Württemberg

Was sagt der Bodenrichtwert aus?

Der Bodenrichtwert ist ein Durchschnittswert von Grundstücken eines bestimmten Gebietes innerhalb einer Gemeinde (Bodenrichtwertzone). Er spiegelt den Wert eines lagetypischen Grundstücks in dieser Zone wieder und wird in Euro pro Quadratmeter Grundstücksfläche angegeben. Die Kaufpreise aus Verkäufen von Grundstücken in diesem Gebiet bilden die Grundlage, um diesen Durchschnittswert zu ermitteln.

Eine Bodenrichtwertzone ist ein Bereich mit annähernd gleichen ermittelten Werten für Grund und Boden und hat somit einen gemeinsamen Bodenrichtwert, der wiederum abhängig von der Nutzung ist. Infolge verschiedener, durch das Bauplanungsrecht zwingend vorgegebene Nutzungen ergeben sich in vielen Fällen deckungsgleiche (übereinanderliegende) Bodenrichtwertzonen mit jeweils eigenen Richtwerten.

Die Bodenrichtwerte sind für die Ermittlung des Grundsteuerwertes entscheidend. Hierfür wird in den überwiegenden Fällen, in denen nur eine bauplanungsrechtliche Nutzung zulässig ist, der für das Grundstück maßgebende Bodenrichtwert mit der Grundstücksfläche multipliziert. Bei Grundstücken mit bauplanungsrechtlich unterschiedlichen Nutzungen wird dagegen mit einer nutzungsabhängigen Flächenaufteilung der Grundstückswert bestimmt. Dies kann durch ein mit dem Finanzministerium und der Oberfinanzdirektion Karlsruhe abgestimmten vereinfachtes Gutachten erfolgen.

Die Bodenrichtwerte werden von unabhängigen Gutachterausschüssen ermittelt und beschlossen. Sie sind nicht anfechtbar. In Baden-Württemberg sind die Gutachterausschüsse bei den Kommunen angesiedelt. Für die Bodenrichtwerte in Radolfzell ist der Gemeinsame Gutachterausschuss „Bodensee West“ zuständig. 

Was ist die Grundsteuermesszahl und wie hoch ist diese?

Die Grundsteuermesszahl ist ein gesetzlich festgelegter Faktor und dient zur Berechnung des Grundsteuermessbetrages. Hierfür wird der Grundsteuerwert eines Grundstückes mit der Grundsteuermesszahl multipliziert.

Die Steuermesszahl gemäß dem neuen Grundsteuerrecht liegt grundsätzlich bei 1,3 Promille. Es gibt jedoch auch Ermäßigungen: So ist die Grundsteuermesszahl bei überwiegend zu Wohnzwecken genutzten Grundstücken die Steuermesszahl um 30 Prozent auf 0,91 Promille ermäßigt.

Was ist der Grundsteuermessbetrag?

Der Grundsteuermessbetrag ergibt sich durch die Multiplikation des Grundsteuerwertes mit der Steuermesszahl. Der Grundsteuermessbetrag ist dann in einem nächsten Schritt die Basis zur Festsetzung und Erhebung der Grundsteuer.

Der Grundsteuermessbetrag wird im sog. Messbetragsverfahren durch das Finanzamt festgesetzt. Die Stadt ist hierbei an die Grundsteuermessbeträge des Finanzamtes zwingend gebunden und kann keine anderen Messbeträge festsetzen.

Was bedeutet Aufkommensneutralität?

„Aufkommensneutralität“ bedeutet, dass die Gemeinde insgesamt, also für das gesamte Gemeindegebiet, mit der neuen Systematik des Landesgrundsteuergesetzes keine Mehreinnahmen gegenüber der bisherigen Grundsteuer anstrebt. Das heißt, dass das Grundsteueraufkommen einer Kommune nach der Reform gleich hoch wie vor der Reform sein sollte – sofern dies der Finanzbedarf der Kommune zulässt.

Der Gemeinderat sowie die Verwaltung der Stadt Radolfzell am Bodensee hat sich bereits am 18. Juli 2019 zu einer aufkommensneutralen Umsetzung der Grundsteuerreform verpflichtet. 

Was ist mit Belastungsverschiebungen gemeint?

Auch bei einer aufkommensneutralen Gestaltung, in Bezug auf die Grundsteuereinnahmen insgesamt, wird es jedoch trotzdem zwangsläufig Verschiebungen im Hinblick auf die zu zahlende Grundsteuer je Steuerpflichtigem geben. Demnach werden manche Steuerpflichtige, auch bei einer aufkommensneutralen Hebesatzgestaltung, mehr bezahlen müssen als bisher und andere wiederum weniger als bisher.

Diese Belastungsverschiebungen sind jedoch die zwangsläufige Konsequenz der Grundsteuerreform und der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes. Eine Nachfolgeregelung, welche darauf abgezielt hätte, genau die bisherigen Ergebnisse in der Steuerbelastung eines jeden einzelnen Steuerpflichtigen nachzubilden, wäre absehbar wiederum rechtswidrig gewesen.

Darüber hinaus ist die Höhe der Belastungsverschiebungen im Bereich der Grundsteuer B auch Ausdruck des Bodenwertmodells des Landesgrundsteuergesetzes, bei dem die Gebäudewerte nicht berücksichtigt werden. Da ausschließlich die Bodenwerte maßgeblich sind, führt bspw. eine Bebauung mit einem hochwertigen Neubau zu keiner höheren Grundsteuerbelastung für den Steuerpflichtigen, andererseits führt jedoch auch ein eher einfaches und altes Gebäude für den entsprechenden Steuerpflichtigen auch nicht zu einer geringeren Grundsteuerbelastung.

Welche Wirkung hat der Hebesatz?

Die konkrete Grundsteuer ergibt sich aus der Multiplikation des Grundsteuermessbetrags mit dem Hebesatz. Die Höhe des Hebesatzes allein sagt daher nichts darüber aus, ob Sie mehr oder weniger Grundsteuer als bisher bezahlen müssen. Die Höhe des Hebesatzes allein sagt zudem nichts darüber aus, ob die Gemeinde beabsichtigt, mehr, weniger oder gleich viel an Grundsteuer als bisher einzunehmen.

Wie sind die Hebesätze der Stadt Radolfzell für die Grundsteuer ab 2025?

Am 19.11.2024 hat der Gemeinderat folgende Hebesätze beschlossen:

Hebesatz für die Grundsteuer A (Land- und Forstwirtschaft) ab 01.01.2025: 400 v.H.
Hebesatz für die Grundsteuer B (Grundvermögen) ab 01.01.2025: 223 v.H.

 

Wie wird sich die Grundsteuerlast für mich verändern?

Eine pauschale Antwort kann hier nicht gegeben werden. 

Mit Beschlussfassung und Verkündigung des Hebesatzes kann nun jede/r Steuerpflichtige seine Grundsteuer ab 2025 eigenständig berechnen.

Hierzu benötigen Sie den Grundsteuermessbetrag, welcher Ihnen vom Finanzamt im sogenannten Grundsteuermessbescheid mitgeteilt wurde. Diesen multiplizieren Sie mit dem maßgeblichen Hebesatz und teilen den Betrag durch 100.

 

Beispielsrechnung Grundsteuer A (Land- und Forstwirtschaftliche Betriebe):

Grundsteuermessbetrag x Hebesatz / 100 = Grundsteuerbetrag Grundsteuer A im Jahr

à 50 EUR x 400 / 100 = 200 EUR Grundsteuer A im Jahr

 

Beispielsrechnung Grundsteuer B (Grundvermögen):

Grundsteuermessbetrag x Hebesatz / 100 = Grundsteuerbetrag Grundsteuer B im Jahr

à 200 EUR x 223 / 100 = 446 EUR Grundsteuer B im Jahr

An wen kann ich mich bei Fragen wenden?

Fragen zu den Bodenrichtwerten:

Geschäftsstelle Gutachterausschuss „Bodenseewest“
Schützenstraße 16/2
78315 Radolfzell am Bodensee

E-Mail: gutachterausschuss@radolfzell.de
Telefon: 0 77 32 / 81-229


Fragen zu den Grundsteuerwerten & Grundsteuermessbeträgen:

Finanzamt Singen
Alpenstraße 9
78224 Singen

Telefon: 0 77 31 / 823-0


Fragen zum Grundsteuerbescheid und Hebesatz:

Stadt Radolfzell am Bodensee
Abteilung Steuern
Poststraße 5
78315 Radolfzell am Bodensee

E-Mail: Steuern@Radolfzell.de
Telefon: 0 77 32 / 81-208


Weitere Informationen

Quelle: Städtetag Baden-Württemberg und Gemeindetag Baden-Württemberg

Ministerium für Finanzen Baden-Württemberg: Erklärungen und Tipps zur Grundsteuer